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Beitrag vom 17.04.2010
FGM-Notruf für Betroffene und HelferInnen
Eva Jackolis
Die Initiative TaskForce hat unter der Rufnummer 01803 – SOS FGM einen Notruf zu weiblicher Genitalverstümmlung (engl. Female Genital Mutilation, FGM) eingerichtet, der als Anlaufstelle für...
... betroffene Mädchen und Frauen gedacht ist, aber auch für Behörden und Menschen, die in ihrem Umfeld mit weiblicher Genitalverstümmelung konfrontiert werden.
Die "TaskForce für effektive Prävention von Genitalverstümmelung" ist ein Netzwerk zum Schutz von Mädchen vor Genitalverstümmelung. Mitglieder sind folgende Organisationen: Akifra e.V., Lobby für Menschenrechte e.V., TABU e.V. und WADI e.V.
Der geschaltete Notruf SOS FGM ist eine Hilfestellung für Menschen, die von bereits verübten oder geplanten Genitalverstümmelungen erfahren haben und laut TaskForce "oft nicht wissen, an wen sie sich wenden können". Neben einer ersten Beratung bietet SOS FGM auch bundesweite Fortbildungen für Behörden, Jugendämter und andere Fachkräfte an. Die betroffenen Mädchen und Frauen werden außerdem darüber aufgeklärt, dass sie nach dem deutschen Opferentschädigungsgesetz einen Anspruch auf Entschädigung haben, was laut TaskForce nur die wenigsten wissen.
Genitalverstümmelung in Deutschland
In Deutschland leben Schätzungen von Terre Des Femmes e.V. zufolge mehr als 20.000 beschnittene Frauen, 5.000 weiteren Mädchen und jungen Frauen droht die lebensgefährliche Prozedur.
Ein eigener Straftatbestand ist Genitalverstümmelung nicht. Beim Bundesparlament wurde jedoch ein entsprechender Gesetzesentwurf vom Bundesrat eingereicht, wie aus einer Pressemitteilung des Bundestages vom 01. April 2010 hervorgeht. Bisher wird die Verstümmelung nach dem § 223 des Strafgesetzbuches als Körperverletzung oder als "Misshandlung von Schutzbefohlenen" verfolgt. Für die Initiative TaskForce bedeutet die diskutierte Rechtslage lediglich, dass die Strafverfolgung auf den Schultern der traumatisierten und meist minderjährigen Opfer "abgestellt" wird. Schließlich hat in Deutschland noch nie ein betroffenes Mädchen ihre Eltern verklagt.
Ärztliche Schweigepflicht
Organisationen wie TaskForce, Terre Des Femmes e.V. und (I)ntact e.V. wollen juristische Regelungen dort bewirken, wo genitale Verstümmelung am ehesten bemerkt werden kann, nämlich bei medizinischen Untersuchungen. Da ÄrztInnen, also auch GynäkologInnen, der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, sind sie nicht berechtigt, bereits verübte Genitalverstümmelungen anzuzeigen. Die MedizinerInnen können sich nur an die Behörden wenden, wenn sie über eine geplante Verstümmelung ihrer Patientin erfahren.
Was tun?
Um die gefährdeten Mädchen nun besser schützen zu können, fordern die Organisationen, dass sowohl bei Verdacht als auch bei bereits verübten Genitalverstümmelung die ÄrztInnen die Behandlungen der Mädchen melden müssen. Denn es wird davon ausgegangen, dass jüngere Geschwister der beschnittenen Mädchen ebenfalls in großer Gefahr sind und durch den Hinweis der ÄrztInnen vor einer Genitalverstümmelung bewahrt werden können.
Der Notruf SOS FMG kann also auch für ÄrztInnen ein Weg sein, sich aus der rechtlichen Zwickmühle zu befreien. Nach einer gründlichen Prüfung der eingehenden Anrufe, die anonym bleiben, kann TaskForce entweder Anträge bei dem zuständigen Familiengericht einreichen oder bei bereits verübter Genitalverstümmelung die Polizei oder Staatsanwaltschaft einschalten.
Weitere Informationen finden Sie unter:
FGM-Notruf: 01803 – 767 346 (SOS FGM). Hinweis: Der Notruf ist kostenpflichtig (9 ct/min aus dem deutschen Festnetz, max. 42 ct/min Mobil).
SOS FGM: www.sosfgm.org
TaskForce: www.taskforcefgm.de
Weitere Informationen zu Female Genital Mutilation (FGM):
www.stop-fgm-now.com , www.waris-dirie-foundation.com, www.frauenrechte.de und www.hbdg.de
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